Es ist 4Uhr morgens am 12.9.2018 im verschlafenen Dörfchen Mittelherwigsdorf. Besser gesagt 4:30Uhr. Eine halbe Stunde hab ich mal wieder verschlafen! Fast hätte ich noch den Reisepass zu Hause vergessen, welcher auf einer sog. Weltreise überaus praktisch sein soll. Pünktlich am Zittauer Bahnhof wurde ein Bus (Schienenersatzverkehr!) bestiegen, der mich, wie die 2 darauffolgenden Züge, nach Berlin-Schönefeld auf den Flughafen bringen sollte. Ohne größere Probleme fand ich mich schließlich gegen Mittag am Toulouser Flughafen wieder und schmiedete einen eifrigen Plan. In 3 Tagen ein triathlontaugliches Rad leihen, die 150km bis zum Veranstaltungsort ohne größere Kosten überwinden und den Triathlon im besten Falle unbeschadet überstehen! Kurz um --> 

winner winner chickendinner!
winner winner chickendinner!

Nach meiner ersten Nacht etwas außerhalb von Toulouse direkt am Fluß Garonne (incl. Wascheinheit) hab ich es 3 Mitfahrgelegenheiten später tatsächlich bis nach Pau geschafft. Eine mittelgroße Stadt am Fuße der Pyreneen und ca. 15km vom Wettkampfort entfernt. Der freundliche Hugo ließ mich auch prompt am nächstbesten Radgeschäft raus, in der Hoffnung, dass ich noch ein funktionstüchtiges Rennrad erwische. Rennräder standen zum Glück noch etliche rum. Nur, so vertröstete mich der für französische Verhältnisse gut Englisch sprechende Mitarbeiter, waren alle Räder bereits verliehen. Das

einzige was noch im Angebot war, war ein Trekkingrad der Klasse "x-cross". Ideal für Schlaglöcher und Bodenwellen dacht ich mir - aber für einen Triathlon in den Pyreneen?? Naja es war ja noch ein Tag Zeit um mich zu entscheiden. So klapperte ich noch einen weiteren Laden außerhalb der Stadt ab, der mir zwar mit einem Rennrad aber auch mit nur einem viel zu großen dienen konnte. So schlief ich noch mal eine Nacht auf dem nahegelegenen Campingplatz über meine Entscheidung. Ende der Geschichte...


Das neue X-cross 2000 Tri. Edt.
Das neue X-cross 2000 Tri. Edt.

Immerhin konnte mir der Mitarbeiter noch Klickpedalen anbringen, die am Ende aber nur Fassade sein sollten. Mit 25kg auf dem Rücken (ja ich habe seit meiner letzten Reise nichts dazu gelernt und schleppe wieder zu viel mit mir rum!) und 2 Rädern unterm Allerwertesten ging's in das beschauliche Dörfchen Baudreix. Nachdem mich nur das Ortseingangsschild darauf hinweisen konnte, dass ich auch tatsächlich angekommen war, musste ich feststellen, dass hier auch überhaupt nichts nach irgendeiner Triathlonveranstaltung am kommenden Morgen aussah. Das komplette Gegenteil der heimischen O-See-Challenge. Immerhin sah ich ein paar Leute vom Org. Team bei denen ich mir auch gleich meine Startunterlagen abholen konnte. Nach kurzem hin und her und wo denn meine ärztliche Bescheinigung sei, zeigte ich ihr nur kurz meinen dt. Startpass und alles war abgegolten. Die Entscheidung wo ich die kommende Nacht verbringen würde fiel relativ leicht. 50m nebenan waren ein paar Bänke. Direkt neben dem Zieleinlauf. Die Triathlonfamilie wird schon nichts dagegen haben!? Außerdem war am nächsten Morgen ab 6:30 der bike check-in und 8:15 der Start zu meiner bis dato größten sportlichen Herausforderung. 1,9km Schwimmen, 107,7km Radfahren und ein abschließender 20,8km Lauf. Sprich nen guter halber Ironman. Meine "Königsdisziplin" das Schwimmen war erwartungsgemäß schwach, zumal dichter Nebel auf dem frühmorgendlichen Nass die Bedingungen nicht erleichterte und ich mit Sicherheit über 2km geschwommen bin. Aber egal. Ziel war wie so oft - nicht als letzter aus dem Wasser zu kommen. Im Laufschritt ging's gute 200m zum Rad. Erstmals bin ich auch im Neo geschwommen, der mit ein bisschen Übung beim nächsten mal sicher etwas schneller von der alten Lederhaut abgezogen werden kann. Die ersten 30km begannen flach und ich began, wie einst Jan Ullrich in seinen besten Jahren, an einigen Athleten und ihren mehrere 1000€ "schweren" Maschinen vorbeizuziehen. Dann der 1. "Anstieg". Schlappe 12km auf den knapp 1500m hohen Col de Soulor. Ich fliege weiter an zahlreichen Triathleten vorbei und hab ein verdammte gutes Gefühl. Nach ca. 4km Anstieg bemerke ich, wie mein franz. Kollege, mit dem ich noch vor einer Stunde ein kleines Pläuschchen hielt, an mir vorbeigeflogen kommt. Ein aufbauendes wie überflüssiges "Come on André" kommt ihm über die Lippen. Gleichzeitig auch seine letzten Worte die ich von ihm bis zum Ziel hören sollten. Ich ertappe mich dabei wie ich souverän von Gang 7 auf Gang 5 und noch weiter nach unten schalten muss, damit mir meine Oberschenkel nicht jetzt schon um die Ohren fliegen. Spätestens bei Km 6 oder 7 und einigen "rasanten" Überholmanövern später, ist der Wille eine gute Platzierung zu erreichen, plötzlich nicht mehr primär vorhanden wie der Zieleinlauf selbst. Ich und mein x-cross 2000 Tri. Edt. klettern also fleißig weiter und inmitten dieser riesigen Materialschlacht tauchen plötzlich Ziegen, Pferde, Kühe und Schweine am Straßenrand auf und wollen mir zu rufen, warum ich das bei diesem herrlichen Wetter überhaupt auf mich nehme!? Aber sie lassen mich passieren und bleiben, genüsslich das saftige Grün kauend, am Straßenrand stehen. Umdrehung um Umdrehung nähere ich mich dem 1. Gipfel, sowie der nächsten Verpflegungsstation. Wer mich zu kennen glaubt, der kennt meinen Ehrgeiz. Diesmal herrscht dieser jedoch nur am "Buffet" vor und es stellt sich die Frage: Wie viel kann man innerhalb einer Minute an Schokolade, Kuchen, Keksen, Melone, Banane, Isogetränken, Cola und Wasser zu sich nehmen? Die Antwort lautet schlichtweg - VIEL!!! Ok vielleicht waren's auch 2 Minuten 😉 An dieser Stelle müsst ihr euch jetzt ein herrliches Panoramabild vorstellen, dass ich, aufgrund fehlender Kamera, leider nicht schießen konnte!😔 (aber einer der Ftmranzosen hat eins hochgeladen! S.u.) Nun aber schnell weiter. Es geht schließlich bergab. Doch Halt!.....Trinkflasche über Bord! Und was macht man in solch einer Situation? Richtig! Wei...umkehren genau! Schließlich kann man diese kleine Panne herrlich mit einer wohltuenden Pullerpause verbinden und zudem noch einmal den herrlichen Ausblick genießen...ahhhhh!☺ Mitten in dieses überaus schöne Gefühl drängen sich jedoch Glockenklänge und die Kühe erinnern mich daran, dass dieses Rennen noch nicht vorbei ist, die letzte Runde erst begonnen hat und ich gefälligst noch mal Gas geben sollte. Ja schon gut! Sind ja auch wieder genügend Fahrer vorbeigerollt, die man wieder einholen kann. Die Talfahrt ist jedoch bei Zeiten vorbei und der 2. Gipfel grüßt mit lautstarker Musik von der Ferne. Als nun auch noch eine ganze Porsche-Kollone ihren Samstagsausflug unternimmt, ist das fürs Ego wahrlich nicht förderlich. Doch der unbändige Wille ist stärker als ein GT oder Carrera 💪. Als auch dieses ca. 6km lange Teilstück vorbei ist und ich auf über 1700m am Col de Aubesque stehe, bleibt nicht viel Zeit die erneute Aussicht zu genießen. Nun aber stehen 3Stunden mühevoller Aufstieg einer 20minütigen, rasanten Abfahrt gegenüber. Seit längerem denke ich ernsthaft wieder über eine Aufholjagd nach, gebe weiter Gas und lege meine Unterarm auf meinen nichtvorhandenen Triathlonlenker um "noch" windunanfälliger zu sein!^^ Leider muss ich immer wieder unfreiwillig etwas vom Gas gehen, da mich mein höchster Gang, selbst auf ebener Strecke, nur ins Leere treten lässt! Nach ca. 5 Stunden hab ich's dann aber in den Wechselgarten geschafft und es wartet der "schönste" Teil auf mich. Der abschließende Halbmarathon! Die vergangenen Triathlons haben mir jedoch gezeigt, dass das Koppeln vom Rad zum Laufen stets schwierig für mich war. Nicht so in Baudreix. Die flache Streckenführung kam mir sehr entgegen und bald schon hatte ich wieder eine handvoll Franzosen eingesackt. Mit von der Partie war auch die an Position 2 liegende Frau Gabrielle, die mich, wie die Männer auch, am Berg hat stehen gelassen. 3 Runden á 7km mussten absolviert werden und bis km 10 lief alles Spitze. Danach hatte ich einen kleinen Einbruch, der aber spätestens nach Gabrielle's nächsten Überholmanöver (Ich: "you again?") ein jähes Ende fand. Eigentlich wollte ich die letzte Runde gemütlich angehen, aber natürlich ist es schon schlimm genug bereits von einer Frau in den Schatten gestellt zu werden 😜. Also noch mal die Schlagzahl erhöht, an ein frisch Gezapftes gedacht und ihr bis in's Ziel noch bisschen was abgenommen! Ein gelungener "kleiner" Ironman den ich noch lange in Erinnerung behalten werde. 

Was mir an dieser Stelle noch zu sagen bleibt ist, dass die Franzosen bis hierhin alle sehr freundlich und hilfsbereit sind. Auch außerhalb der Triathlonfamilie 😉. 


Nach einer kurzen Busfahrt an die Atlantikküste, verweilte ich 3 Tage auf einem Campingplatz in Biarritz, hab's mir dort am Pool schön gemütlich gemacht und die Akkus wieder ein wenig aufgeladen! Nun hab ich bereits seit gestern meine ersten Schritte auf spanischem Boden gemacht. Fühlt sich nicht anders an, ist aber trotzdem cool! 😎 Der Surfsaison geschuldeten ausgebuchten Hostels, hat es mich jedoch wieder auf einen Campingplatz etwas außerhalb von San Sebastian verschlagen. Dafür kann ich für 7€ die Nacht einen stündlichen Shuttletransport in oder aus die/der Stadt, den Pool, Strom und WiFi nutzen. So muss das!!! So das soll's erstmal gewesen sein. Achso der aktuelle Tramper Geschlechterkampf: Die Männer haben bis jetzt 2x mehr angehalten! Aktueller Stand 4:2. Und das nach gerade mal 10 gespielten Tagen. Also reißt euch zusammen Mädels! Für Sie vor Ort Jan Frodeno. 🙋‍♂️